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Zubringer Münchner Jakobsweg E2
Fahrenzhausen - Dachau 19,6 km

Zubringer Münchner Jakobsweg Etappe 2

Fahrenzhausen nach Dachau 

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Auf der heutigen Tagesetappe Richtung Ammersee führt der Weg zunächst vorbei an viel landwirtschaftlich genutzter Fläche bis nach Ampermoching, schließlich weiter, teilweise sichtbar, teilweise unsichtbar auf Feldwegen an der Amper entlang, bis hinein ins Stadtzentrum von Dachau. Sobald jemand "Dachau" sagt, ist das bei mir unwiderruflich verbunden mit dem Wissen um den bitteren historischen Kontext. Es ist ein schöner, flacher Weg durch viel Natur zum genießen - bis auf diesen Umstand: bevor man in die Stadtmitte kommt, geht es direkt  am Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers und heutigen Mahnmals mit Wachtürmen, hoher Mauer und Stacheldraht vorbei.

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Start in Fahrenzhausen

Als ich die Voretappe von Freising seinerzeit in Fahrenzhausen beendete, bin ich mit dem Bus und der Bahn wieder nach Hause gefahren. Heute habe ich den Luxus, dass ich mit dem Auto zum Ausgangspunkt gebracht werde.

Ich habe mir die Route sicherheitshalber über Komoot geladen, so dass ich nicht verloren gehe (wir erinnern uns:  auf Etappe 1 hatte ich mich kurz verirrt, als ich versuchte nur nach Markierung zu gehen). Das erweist sich direkt als gute Entscheidung, denn das erste Muschelschild hätte ich nie gefunden, hätte ich nicht explizit danach gesucht. Es ist nämlich schwarz übermalt worden und als solches nicht mehr erkennbar. Etwas später finde ich eine zweites Hinweisschild gelb auf blauen Grund, diesmal gut sichtbar, und überlasse dort für heute den ersten Pilgerstein seinem weiteren Schicksal. 

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Durch die Felder

Ich lasse Fahrenzhausen hinter mir und bin sofort in der Natur. Der reife Weizen steht auf vielen Feldern an denen ich vorbeikomme. Ich bin keine Agrarwissenschaftlerin, aber in Kombination mit Sonnenblumen und anderen Blühern wirkt es auf mich, als hätten wir schon Ende August, dabei sind wir erst mitten im Juli. Der Tag verspricht von der Temperatur angenehm zu werden, allerdings ist es teilweise wirklich extrem windig. Der Wind fegt durch die Weizenfelder, als wolle er sich an den Ähren rächen. Oder an mir, denn er kommt größtenteils von vorne und ich bin ihm gnadenlos ausgesetzt.  Das ist wirklich unangenehm und anstrengend.

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Wenn die Früchte nicht mehr an den Sträuchern hängen ...

 ... kann man sie bequem aus der Schublade pflücken. Ich treffe auf eine moderne Errungenschaft, einen Bezahlautomaten, der frisches Obst und andere Ernteprodukte ausspuckt. Erdbeeren gibt es zwar keine mehr, aber ich könnte mir heute Heidelbeeren, Himbeeren oder Quinoa ziehen. So etwas hätte ich mir in der Vergangenheit, auf anderen Pilgerwanderungen, immer wieder mal gewünscht - Nahrung to go. Heute bin ich mit Essen noch  gut eingedeckt und brauche keine zusätzliche Versorgung, auch wenn diese verlockend und gesund ist. 

Ich ziehe weiter. Bisher habe ich noch niemand getroffen, aber auf einem Schild wird mir nun angekündigt, dass ich eventuell Besuch von einer Horde Frischlinge bekommen könnte, wobei ich auf deren Gesellschaft lieber verzichten würde, denn wo dieses Jungvieh vorbeitobt ist die wilde Bache sicherlich nicht weit entfernt.  Und der sollte man doch lieber aus dem Weg gehen, und sie nicht aggressiv machen. Wobei um diese Zeit die Frischlinge sicher nicht mehr ganz so frisch sind, aber sicher immer noch frischer als ich. Das die direkt den Jakobsweg kreuzen, halte ich dennoch für sehr unwahrscheinlich.

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Über Streuwiesen und durch Auwälder

Ich streife den Ort Ampermoching nur am Rande. Ich hatte gehofft hier vielleicht einen Tee oder ein kühles Getränk in einem offenen Cafè oder einer Bäckerei zu mir nehmen zu können. Aber das bleibt Wunschdenken. Ich komme zwar an einer Sportstättengastronomie vorbei, aber die hat natürlich zu. Alternativ würde ich mich auch mit schöner schönen Bank als Rastplatz zufrieden geben, über die Hälfte der Strecke liegt bereits hinter mir,  aber wie so oft, wenn ich ein hübsches Rastplätzchen suche, kommt kilometerlang gar nichts passendes. Vor einem Waldkindergarten hat jemand sich erbarmt und eine Bank gespendet. Bravo, ich fühle mich berufen, nehme Platz, lüfte meine Socken, esse und trinke ausgiebig. Dann geht es weiter, an Streuwiesen entlang, zwischen Maisfeldern hindurch und durch kleine Auwälder. Hin und wieder erhasche ich einen Blick auf die Amper, die mich zwar stetig begleitet auf dem kompletten Stück von Freising bis zum Ammersee, aber nicht ständig zu sehen ist. Ich treffe an einer Stelle sogar auf einen Biberbau. Mister Biber hat fleißig Holz gesammelt und gestapelt.

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In Richtung  Dachau

Die letzten fünf Kilometer des Tages gehören schon der großen Kreisstadt Dachau und ihren Ausläufern. Am Stadtrand von Norden kommend, erlebe ich den beklemmendsten Moment des Tages: Ich gehe mehrere Hundert Meter an der Außenanlage, einer hohen, mit Stacheldraht geschützten Mauer, des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau vorbei. Für mich ist das verbunden mit einem sehr unschönen Gefühl in der Magengegend. Ich bin froh, als ich das Gelände hinter mir lassen  und die letzten Kilometer bis zum Stadtzentrum am Karlsplatz zurücklegen kann. Dort steht, historisch schön renoviert und sogar mit Schranke, das alte Zollhaus vom Markt Dachau. Heute ist darin die Touristeninformation untergebracht. Was ich toll finde: Dort kann man eine kleine Wanderkarte vom Zubringer des Münchner Jakobsweg im Dachauer Land mitnehmen. Außerdem haben sie das "Durstig?" Schild im linken Fenster angebracht. Wer auch immer die Idee mit der Refill-Station hatte - ihm oder ihr gebührt ein großer Dank. Wo kann man sonst sein Leitungswasser umsonst auffüllen? Solche Stationen findet man leider viel zu selten!

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Zum Abschluss in die Kirche rein, mit einem roten Pilgerstein

Zur Abrundung des Tages gehe ich noch in St. Jakob, die fast gegenüber der Information steht. Dort hinterlasse ich zum Etappenschluss einen weiteren Pilgerstein, bevor ich noch einen Blick auf das Bezirksmuseum (das lachsrote Haus) werfe. Im Inneren zeigt es im historischen Gebäude des Kastenamts mehr als 2000 Gegenstände zur Kulturgeschichte und Volkskunde Dachaus und seines Umlands. Es ist sicher einen Besuch wert, allerdings wohl ein anderes Mal, nach über zwanzig Kilometern fehlt mir dazu heute leider die Motivation.

Ich marschiere Richtung S-Bahn Station und nehme die nächste passende Bahn zurück nach Hause. 

Die nächste Etappe führt mich von Dachau nach Olching.

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